Thomas Lange |
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Musikalische Muskulatur Was für eine Muskulatur brauchen Musikerinnen und Musiker? Was ist musikalische Bewegung? Was sind musikalische Muskeln? Wenn man diese Fragen beantworten kann, kann man auch die praktischen Mittel wählen, die zu einer Realisierung erforderlich sind. Maßstäbe für eine musikalische Muskulatur: Musikerinnen und Musiker brauchen einen mittleren Muskeltonus, von dem aus sie Spannung und Entspannung stufenlos dosieren können. Also die Möglichkeit Spannung aufzubauen ohne zu verkrampfen und die Verfügung über Entspannung ist wichtig. In der Spannung soll Entspannung anwesend sein, in der Entspannung Spannung. Die Muskulatur soll zudem unmittelbar auf gehörte Klänge reagieren können, d.h. sie muss audiomotorisch verschaltet sein. Die Bewegung bzw. Atembewegung soll über das Hören geführt und dosiert werden können. Ferner ist eine Mischung aus Robustheit und Sensibilität erforderlich. Musikerinnen und Musiker brauchen Kraft und Kondition, um im Musikleben bestehen zu können. Jeder, der einmal ein ganzes Konzertprogramm gespielt hat, weiß wovon hier die Rede ist. Das Problem bei den meisten Kraft- und Ausdauertrainings ist jedoch der Aufbau von Muskelmasse mit Wirkung auf die Gelenke, so dass deren Beweglichkeit eingeschränkt wird. Musikerinnen und Musiker brauchen also ein Kraft- und Ausdauertraining bei gleichzeitigem Erhalt oder besser noch dem Ausbau der Beweglichkeit. Zudem darf die sensomotorische Wahrnehmungsfähigkeit (Sensibilität) in keiner Weise durch das Kraft- und Ausdauertraining eingeschränkt werden. Musikerinnen und Musiker sind Ausdruckskünstler, d.h. die Muskulatur muss in einer solchen Verfassung sein, dass sie Gefühle transportieren und ausdrücken kann. Hier spielt die Muskelelastizität eine große Rolle. Mein Maßstab hierfür ist: Die Muskulatur soll komplett aufatembar sein. Das heißt, wenn ich einatme, soll sich die Muskulatur in allen Körperregionen ausdehnen können, um dann in der Ausatmung wieder zurückzuschwingen. Kann die Muskulatur nicht in dieser Weise durch die Atmung in Bewegung gesetzt werden (z.B. auch in den tiefen Schichten der Muskulatur im Körperinneren), weist dies auf ungenutztes Potential in der Ausdrucksfähigkeit von Musikerinnen und Musikern hin. Ein weiteres Kriterium für mich in Bezug auf musikalische Muskulatur ist das, was ich Bewegungsplastizität nenne. Um Klängen eine beliebige Gestalt geben zu können muss die Muskulatur in einer solchen Verfassung sein, dass Bewegungsdosierungen aus allen räumlichen Dimensionen stufenlos abrufbar und beliebig kombinierbar sind. Es besteht ein erfahrbarer Zusammenhang zwischen Bewegungsplastizität, Klangplastizität (d.h. in welcher Gestalt der Klang im Raum erscheint) und Hörplastizität (damit ist die Räumlichkeit des Hörens gemeint). Praktische Umsetzung innerhalb der Resonanzlehre: Ist erst mal soweit klar, was für eine Muskulatur man haben möchte, kann eine entsprechende Bewegungspraxis realisiert werden hin zu der oben skizzierten musikalischen Muskulatur. Die Bewegungspraxis der Resonanzlehre wurde an Hand der oben genannten Kriterien aufgebaut. Die praktischen Mittel der Resonanzlehre sind die 3D-Klangbewegungen im Stehen und im Sitzen sowie die Bodenarbeit im Liegen auf dem Rücken, den beiden Seiten und auf dem Bauch. In allen Positionen werden dreidimensional ausbalancierte, zentrierte Bewegungen durchgeführt. Wenn die 3D-Klangbewegungen gelernt und verstanden sind, beginnt zusätzlich ein Prozess der Verankerung im Bewegungsalltag. Die dreidimensional ausbalancierte, zentrierte Bewegungsart kann grundsätzlich in jeder Bewegungssituation angewandt werden. Dadurch eröffnet sich ein beliebig großes Feld der Gewohnheitsbildung für musikalische Bewegung auch außerhalb der Situation des Musizierens. Das Bewegungsgesetz, das allen 3D-Klangbewegungen zugrunde liegt, lautet: Eine Masse lässt sich am leichtesten über ihren Schwerpunkt bzw. Gleichgewichtspunkt bewegen. Dabei wird der gesamte Körper immer über den Körpergleichgewichtspunkt bewegt und ausbalanciert, Teile des Körpers, wie z.B. die Arme (Gleichgewichtspunkt in der Nähe des Ellbogens) über die jeweiligen Segmentschwerpunkte. In der dreidimensional ausbalancierten, zentrierten Bewegung behalten alle Muskeln ihre optimale Länge, was vor allem den Raum in den Gelenken offen hält (Erhalt der Beweglichkeit bei gleichzeitig optimaler Kraftübertragung). Die Muskulatur wird so wenig wie möglich antagonistisch gebraucht! Zudem erfolgt eine bestmögliche Koppelung und Synchronisation der Bewegung mit dem Ohr bzw. dem Hören, weil die dreidimensional ausbalancierte Bewegungsart der Funktionsweise des dreidimensional ausbalancierend funktionierenden Gleichgewichtsorgans entspricht. Wie in der Rubrik Audiomotorik dargestellt, ist das Ohr direkt mit dem Gleichgewichtsorgan verbunden, das Gleichgewichtsorgan wiederum ist mit der gesamten Körpermuskulatur verbunden. Ferner spielt in der Resonanzlehre das optimale Zusammenwirken der Körperbewegungen mit dem Boden eine wichtige Rolle: Der Boden ist Partner der musikalischen Bewegung und wird ganz konkret zum Entspannen und zum Kraftaufbau genutzt. Kraftaufbau geschieht des weiteren durch eine konsequente Arbeit von der großen in die kleine Muskulatur, von größeren in kleinere Muskelgruppen. Dies ist, nebenbei gesagt, eine Grundvoraussetzung für warme Hände. Das optimale Zusammenspiel aller Muskelgruppen ist ein weiteres Merkmal mühelosen Krafteinsatzes beim Musizieren. Muskelanschluss heißt ein Stichwort hierzu: Wenn alle Grundgelenke offen in der Bewegungssituation sind, kann Kraft aus größeren Muskelgruppen, wie z.B. der Beine, Oberschenkel, Hintern, Rücken, Bauch, in kleinere Muskelgruppen einfließen. Dies verhindert, dass Kraft in kleineren Muskelgruppen wie z.B. in Armen, Händen, Lippen oder Kehlkopf organisiert werden muss. Diese können somit ihre Beweglichkeit, Elastizität und Lebendigkeit behalten. In der hier dargestellten dreidimensional ausbalancierten, zentrierten Bewegung sind die Muskeln nicht nur Bewegungsauslöser, sondern die Muskeln werden selbst bewegt in einer Weise, dass sie in einen dreidimensional ausbalancierten Zustand kommen. Ein Kennzeichen dieses Zustandes ist die komplette Durchwärmung aller Muskeln. Vorabveröffentlichung aus dem Buch Resonanzlehre Januar 2008 copyright Thomas Lange |
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