Thomas Lange |
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"Das Hören führt die Bewegung" Interview der Fachzeitschrift clarino.print, Bläsermusik international mit dem Begründer der Resonanzlehre Thomas Lange. Das Interview erschien 2006 in zwei aufeinander folgenden Heften. Die Fragen stellten Chefredakteur Klaus Härtel und Martin Hommer. PDF-Version zum Herunterladen. clarino.print: Wie kamen Sie zur Resonanzlehre? Thomas Lange: Ich bin zunächst mal ausgebildeter Geiger, ich habe in Berlin und Paris Violine studiert. Während meines Studiums erkrankte ich an einer Sehnenscheidenentzündung, und zwar so schwer, dass ich ein Jahr gar nicht spielen konnte. Dies hat mich quasi dazu gezwungen mich mit dem Thema zu beschäftigen, ob und wie musikalische Bewegung regenerativ ausgeführt werden kann. cl.p: Haben Sie die Resonanzlehre nach Ihrer Sehnenscheidenentzündung selbst entwickelt? ThL: Ja, und zwar durch Selbstversuche, das war in den frühen 80er Jahren. Zu dieser Zeit wurde mir klar, dass einerseits die Instrumentalpädagogik zu wenig körperlich orientiert war, andererseits die angebotenen Körpertechniken wie Feldenkrais, Alexandertechnik etc. nicht aus einem musikalischen Ansatz heraus entwickelt waren. Ich wollte ein Synthese aus Klangarbeit und Körperarbeit schaffen. cl.p: Ein Kernsatz der Resonanzlehre lautet: Je resonanzreicher der Klang, um so müheloser und effektiver die musikalische Bewegung. Wie entsteht so eine Idee? ThL: Die Idee entwickelte sich aus dem praktischen Tun am Instrument und durch Selbstbeobachtung. In der Phase als ich schon wieder Geige spielen konnte, aber immer noch nicht schmerzfrei war, übte ich eines Tages vier Stunden und war am Abend schmerzfrei. Am nächsten Tag versuchte ich das zu wiederholen, hatte aber am Abend wieder Schmerzen, was sehr frustrierend war. Es mehrten sich aber nun die Tage an denen ich abends schmerzfrei war und ich versuchte herauszufinden: Was ist der Unterschied, wenn ich vier Stunden übe und an dem einen Tag bin ich abends schmerzfrei, an dem anderen Tag habe ich abends Schmerzen? Ich merkte bald, dass Schmerzen in der Regel mit einem dumpfen, gepressten im Instrument steckenbleibenden Klangbild einhergingen. Schmerzfreiheit entstand, wenn der Klang offen, tragend und im Raum präsent war. Zu diesem Zeitpunkt entstand das Kriterium der Resonanz. Der offene, tragende im Raum präsente Klang war ein resonanzreicher Klang, und ich nahm mir vor, von nun an nur noch resonanzreiche Klänge zu spielen. Und tatsächlich konnte ich so meine Schmerzen auflösen. cl.p: Wie macht man dann eine "Lehre" daraus? ThL: Eine "Lehre" wurde daraus eher zufällig und unbeabsichtigt. Ich beschäftigte mich dann praktisch mit der Frage, wie produziert man resonanzreiche Klänge? Die anderen Fragestellungen waren: Was ist musikalische Bewegung? Was sind musikalische Muskeln? Wie funktioniert das Zusammenspiel von Hören und Bewegen? Ist ein regenerativer Gebrauch des Körpers beim Musizieren möglich? Als ich diese Fragen für mich in einen Klärungsprozess gebracht hatte, kamen andere Musiker mit körperlichen Problemen wie Verspannungen, Verkrampfungen oder Schmerzen auf mich zu und fragten, was hast du gemacht, dass du wieder gesund bist und spielen kannst? Ich lud sie ein vorbeizukommen und die von mir entwickelte Praxis auszuprobieren. Und als ich dann sah, dass das, was ich für mich selbst entdeckt hatte auch bei anderen funktionierte, entschloss ich mich einen Beruf daraus zu machen. Ich dachte auch, gute Geiger gibt es viele, einen Resonanzlehrer gibt es noch nicht. cl.p: Wie kommen Sie als Streicher dazu mit Bläsern zu arbeiten? ThL: Dies hat sich eigentlich aus der Beschäftigung mit der Atmung ergeben. Ich stellte fest, dass ein freier Atemfluss eine grundlegende Voraussetzung für effektive musikalische Bewegung ist. Die Fragestellung war dann: Gibt es atemfördernde Bewegung, und wenn ja, kann man sie erlernen? Das Ergebnis war in der von mir entwickelten dreidimensional ausbalancierten Bewegungsart enthalten. Diese Bewegungsart fördert die Atmung in optimaler Weise, und zwar bezogen darauf die Atembewegung auf das Hören von Instrumentalklängen abzustimmen. Blasinstrumentalisten haben das von Anfang an für sich entdeckt. Schon auf den ersten Resonanzlehre-Kursen Anfang der 90er Jahre waren Bläser vertreten. Eine Querflötistin von meinem ersten Berliner Kurs kommt noch heute gelegentlich zum Unterricht. In den letzten 15 Jahren habe ich mit fast allen Blasinstrumenten gearbeitet, und zwar sowohl im Bereich Klassik als auch in den Sparten Jazz, Rock/Pop und Folklore. cl.p: Ist der Klang gepresst verspannt die Muskulatur, aus einer verspannten Muskulatur heraus produziert man wiederum noch gepresstere Klänge usw., eine "Abwärtsspirale" beginnt. An welchem Punkt kann man beginnen die Spirale wieder aufwärts zu drehen? ThL: An jedem Punkt, wenn Sie über die entsprechenden Mittel verfügen. Sie dürfen sich dabei nur nicht überfordern, indem Sie versuchen aus einem resonanzarmen sofort in einen sehr resonanzreichen Klang zu springen. Wenn Sie es schaffen den Klang nur etwas resonanzreicher zu spielen, entspannt sich schon etwas die Muskulatur und sie befinden sich bereits in der Aufwärtsspirale. Dann können Sie sozusagen leichter nachlegen. cl.p: Was ist eigentlich zuerst da? Die Henne oder das Ei? Der Klang oder die Bewegung? ThL: Klang erscheint immer gleichzeitig mit Bewegung bzw. mit Atembewegung. Das ist wie die zwei Seiten einer Münze, vorne steht Klang drauf hinten Bewegung. Die Münze ist jedoch eine Einheit und die Klangqualität sagt immer etwas über die Bewegungsqualität aus. Als Musiker bin ich audiomotorisch (lat. hören/bewegen) tätig. Das heißt alle Bewegungsvorgänge werden über das Hören des Klanges geführt, kontrolliert und dosiert. Ganz praktisch gesehen sollte das Hören die Bewegung führen, insofern muss es auch die Leitaktion des Musizierens sein. Letztlich ist die Frage nach der Henne und dem Ei etwas irreführend, weil es nicht um ein Nacheinander sondern um Synchronizität geht. Aber innerhalb dieser Synchronizität gibt es meines Erachtens eine Hierachie, welche optimales Musizieren ermöglicht. Und innerhalb dieser Hierachie ist das Hören des Klanges der Bewegung bzw. Atembewegung übergeordnet. cl.p: Muss der Musiker, der in Ihre Praxis kommt, auf seinem Instrument perfekt ausgebildet sein? ThL: Nein, das Interessante an der Resonanzlehre ist, dass Sie auf jedem Spielniveau Hilfestellungen ermöglicht. Tatsächlich kommen hauptsächlich professionelle Musiker zu mir in die Praxis. Es befinden sich darunter aber auch viele Musikstudenten, die sich noch in der Ausbildung zum professionellen Musiker befinden. Außerdem arbeite ich zu etwa 5-10% mit sogenannten Amateurmusikern. Es geht in meiner Praxis auch nicht ausschließlich um die Auflösung von Verspannungen, Verkrampfungen oder Schmerzen. Ein ganz großer Teil der Arbeit dreht sich um Bewegungs- und Klangoptimierungen. cl.p: Kann man den resonanzarmen Klang eines Amateurmusikers, der eventuell das Ergebnis von unzureichender Ausbildung ist, vom resonanzarmen Klang eines professionellen Musikers unterscheiden, der unter Schmerzen leidet? ThL: Ja, das geht, das ist aber schon Resonanzlehre für Fortgeschrittene und gehört eigentlich in den Ausbildungsbereich zum Resonanzlehrer, der in den nächsten Jahren entstehen soll. Ich möchte hier nur soviel sagen, dass man sehr gut den Einzelfall prüfen muss. Die Vorgehensweise in der Resonanzlehre ist die, dass das Klangbild immer mit dem Bewegungsbild verglichen wird. Und aus meiner Erfahrung heraus kann ich ziemlich schnell hören und sehen, ob der resonanzarme Klang Resultat von spielerischem Unvermögen oder von Schmerzen ist. Das Klangbild eines professionellen Musikers unterscheidet sich in der Regel vor allem in der Lautstärke und in der Klangprägnanz, die z.B. aus seiner rhythmischen Sicherheit resultiert, vom Klangbild eines Amateurmusikers. Die Resonanzarmut kommt hier im Klang also lauter und sozusagen intensiver daher. Die Resonanzarmut des Amateurmusikers gleicht oft einem Säuseln oder Rascheln mit eingeschränkter Dynamik. Aber Vorsicht mit allgemeinen Bewertungen, ich habe in meiner Arbeit schon die unglaublichsten positiven Überraschungen im Klangbild von Amateurmusikern erlebt. cl.p: In welchem Verhältnis steht das Klangideal des betroffenen Musikers zum offenen, freien, resonanzreichen Klang, der durch entspannte Bewegungen unterstützt wird? Anders herum gefragt: Braucht der Musiker je nach seinem Klangideal vielleicht andere Bewegungen als andere Instrumentalisten? ThL: Das ist für mich letztlich die Frage, wie ich mein Klangideal realisiere. Es kann sein, dass das Klangideal eines Musikers nicht mit den optimalen Resonanzmöglichkeiten seines Klanges übereinstimmt. Ich bezeichne den resonanzreichen Klang auch manchmal als Null-Klang. Damit ist gemeint, dass ich von diesem Null-Klang aus jede Art des Klanges leicht finden und dosieren kann, z.B. auch scharfe oder schlanke Klänge. Im resonanzreichen Klang sind alle Klangmöglichkeiten enthalten und damit auch alle Bewegungsmöglichkeiten. In einem z.B. scharfen Klang mit verminderter Resonanz sind nur eine begrenzte Anzahl von Klangvarianten und Bewegungsmöglichkeiten enthalten. Mit anderen Worten, oft wird ein Klangideal auch aus dem Unvermögen heraus gewählt einen anderen Klang zu produzieren. Wenn ich über das gesamte Klangspektrum verfüge, dann ist die Wahl meines Klangideals wirklich frei. Manchmal habe ich in der Arbeit mit Musikern die Erfahrung gemacht, dass sich durch den Kontakt mit der Resonanzlehre auch das Klangideal verändert hat, und zwar weil der Musiker sich tatsächlich auf mehr verschiedene Weisen selbst hört und dann entdeckt, dass ihm diese oder jene Klangart doch mehr entspricht. Das Klangideal hat nämlich auch immer etwas damit zu tun, was man tatsächlich an Klängen von sich selbst hört. Dann gibt es in diesem Zusammenhang noch die sehr wichtige Frage nach dem Verhältnis von Kraftaufwand und Klangergebnis. Wenn ich zum Beispiel das Klangideal eines scharfen, schlanken Klanges habe und trotzdem den resonanzreichen Klang produzieren kann, dann kann ich das beste Verhältnis zwischen Kraftaufwand und Klangergebnis für diesen scharfen Klang finden. Anders gesagt mein Klangideal kostet mich den für diese Klangart möglichen geringsten Kraftaufwand. cl.p: Helfen auch andere Elemente des musizierenden Handelns bei der Vervollkommnung der Resonanz? (z.B. neue Mundstücke, mit denen der Musiker vielleicht besser zurechtkommt und die den Klang auch schon etwas freier machen...) ThL: Grundsätzlich gibt es für einen Instrumentalisten drei Hauptfaktoren für Resonanz: Erstens der Körper, zweitens das Instrument, drittens der Raum. Diese drei Faktoren müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Den Raum kann man in der Regel am wenigsten beeinflussen, dennoch ist es wichtig sich auf die tatsächlichen Resonanzeigenschaften des Raumes einzustellen. In einer Kirche wird man z.B. anders spielen als in einem trockenen Aufnahmestudio. Das Instrument unterliegt schon einer größeren Einflussnahme durch den Musiker. In der Tat können Mundstücke, Blätter etc. einen bedeutenden Einfluss auf die Resonanzqualität des Klanges haben. Auch bei der Auswahl des Instrumentes selbst sollte man vor allem auf die grundsätzliche Resonanzqualität achten. Den größten Einfluss hat der Musiker allerdings auf die Resonanz durch den eigenen Körper. So kann man immer wieder beobachten, dass bestimmte Musiker auch auf unzureichenden Instrumenten einen sehr guten Klang produzieren können. Daran kann man sehen wie wichtig die Resonanzqualität des Körpers ist, und es macht Sinn hierfür etwas zu tun. cl.p: Wirkt die Qualität der Bewegung des Musikers wenn er die Bewegungsgrundlagen der Resonanzlehre erlernt auch in das nicht-musikalische Leben hinein? Werden also eventuell vorhandene Fehlhaltungen automatisch mitkorrigiert? ThL: Das Konzept der Resonanzlehre beinhaltet, dass ich mich so beim Musizieren bewege, dass Verspannungen, Verkrampfungen oder Schmerzen gar nicht erst entstehen. Hierfür habe ich eine Serie von Körperübungen entwickelt, bei denen es darum geht den Körper dreidimensional ausbalanciert zu bewegen. Dreidimensional ausbalancierte Bewegung ist die Bewegungsart, die am besten mit dem Hören korreliert, weil das Ohr über das ebenfalls dreidimensional ausbalancierend funktionierende Gleichgewichtsorgan mit der gesamten Muskulatur des Körpers verbunden ist. Diese Körperübungen für die musikalische Bewegung beziehen sich auf den gesamten Körper und werden im Stehen, Sitzen, Liegen und Gehen ausgeführt. Es beginnt ein Prozess, wo der Musiker einerseits durch die Körperübungen lernt sich optimal musikalisch zu bewegen, andererseits aber auch die Erfahrung macht, dass er sich in seinem Bewegungsalltag ebenfalls dreidimensional ausbalanciert bewegen kann. Bewege ich mich so in meinem Bewegungsalltag immer musikalisch, habe ich dann, wenn ich z.B. auf einer Bühne mit meinem Instrument auftrete und musiziere, gar keine andere Bewegungsart als in meinem Alltag. Dies hat auch einen Beruhigungseffekt, ich lebe nämlich einfach weiter auf der Bühne, und ist für mich ein entscheidender Schlüssel zum Umgang mit Auftrittsnervosität. Zurück zur Ausgangsfrage: Auch im Alltag auftretende Fehlhaltungen können durch die Bewegungsmittel der Resonanzlehre mitkorrigiert werden. Wie weit die einzelne Musikerin, der einzelne Musiker dabei geht ist letztlich eine Frage der persönlichen Praxis. cl.p: Bekommt der Klient Instrumente an die Hand, wie er in Zukunft seine Resonanzen selbst beurteilen bzw. verbessern kann? ThL: Das Hauptinstrument zur Resonanzwahrnehmung ist natürlich das Ohr. Da das Ohr, wie oben schon erwähnt, über das Gleichgewichtsorgan mit sämtlichen Muskeln des Körpers verbunden ist, gibt es umgekehrt, wenn sich die Spannungsverhältnisse in der Muskulatur in optimaler Weise hin zu einem mittleren Muskeltonus regulieren, eine Auswirkung auf die Qualität des Hörens. Das Hören wird feiner, sensibeler, der Frequenzumfang kann zunehmen und vor allem die Hörplastizität, d.h. das räumliche Hören, gewinnt an Qualität. In gewisser Weise hören wir auch immer mit dem gesamten Körper und es ist glaube ich leicht nachvollziehbar, dass das Hören aus einer angespannten Muskulatur heraus von anderer Qualität ist als das Hören aus einem entspannteren Muskeltonus. cl.p.: Hat es im Rahmen Ihrer Arbeit auch schon Fragestellungen zum Thema Tinnitus gegeben? ThL: Ja, gelegentlich, aber ich bin kein Experte auf diesem Gebiet und habe mich nur am Rande damit beschäftigt. Als ich noch an der Musikhochschule Hannover unterrichtet habe, kam eine junge Bratschistin zu mir in den Unterricht mit Sehnenscheidenentzündung an beiden Armen. Außerdem, sagte sie, habe sie einen Tinnitus. Ich sagte ihr, dass wir die Bewegungsqualität so umstellen können, dass sich die Bewegungsmuster, die eine Sehnenscheidenentzündung hervorrufen, auflösen. Beim Tinnitus könne ich ihr aber leider nicht helfen. Ich arbeitete eine Zeit lang mit ihr, und als die Sehnenscheidenentzündung behoben war, war auch der Tinnitus verschwunden. Ich kann mir das nur so erklären, dass durch die enge Koppelung des Ohres mit der Muskulatur die Entspannung in der Muskulatur auf das Ohr zurückgewirkt hat. Ich habe diese Bratschistin dann aus den Augen verloren, und kann nicht sagen, ob das Verschwinden des Tinnitus von Dauer war. Man müsste in diesem Zusammenhang versuchen zu klären, ob tatsächlich durch die dreidimensional ausbalancierte Bewegungsart Tinnitus positiv beeinflusst werden kann. cl.p: Werden durch das entspannte Musizieren auch technische Grenzen des Musikers weiter nach oben verschoben? Kann also bisher ungenutztes bzw. unentdecktes Potential aufgedeckt werden? ThL: Ja, das passiert recht häufig. Ich kann natürlich nicht aus jedem Musiker einen Wunderspieler machen. Aber jeder Musiker bringt sein ihm innewohnendes musikalisch-künstlerisches Potential mit sich. In der Resonanzlehre werden Mittel und Wege aufgezeigt, wie die zugehörige Bewegungsqualität für das jeweilige musikalisch-künstlerische Potential realisiert werden kann. Seit ich mit der Resonanzlehre arbeite hat sich meine ganze Einschätzung von sogenannter musikalischer Begabung stark verändert. In der Resonanzlehre wird ja ein Prozess in Gang gesetzt bei dem Hören und Bewegen sich in optimaler Weise verbinden. Meines Erachtens kann man die wirkliche musikalische Begabung eines Menschen erst dann erkennen, wenn diese Koppelung von Hören und Bewegen gut funktioniert. cl.p: Wird bei einem Resonanzlehre Orchestercoaching der einzelne Musiker eher beachtet oder das Orchester als Ganzes? ThL: Das hängt etwas von der Zeitdauer des Orchestercoachings ab. Zunächst mal geht es beim Orchestercoaching um allgemeine Gruppenprozesse in Hinblick auf musikalische Bewegung und um das Bilden eines gemeinsamen Hörfeldes. Je mehr Zeit ich zur Verfügung habe, um so mehr kann ich dann ins Detail gehen, mich mit Untergruppen wie z.B. Blechbläsern oder Holzbläsern beschäftigen. Manchmal ist es sehr lohnend sich einzelner Spieler anzunehmen, die Gruppenführungspositionen haben, wie Konzertmeister oder Stimmführer. Wenn man hier positive Veränderungen bewirken kann, zieht oft die ganze Gruppe mit. cl.p: Können beispielsweise spezielle Orchesterstühle im Probenraum helfen den Orchesterklang zu verbessern? ThL: Auf jeden Fall. Hier haben in den letzten Jahren einige Hersteller bei der Qualität der Stühle etwas getan. Mit der wichtigste Faktor für den Klang ist die Höhenverstellbarkeit der Stühle. Die Stuhlhöhe sollte so eingestellt werden, dass der Körper im Sitzen dreidimensional ausbalanciert bewegt werden kann. Und je nach Körpergröße braucht man dazu eine individuell einzustellende Sitzhöhe. cl.p.: Finden auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training in der Resonanzlehre Anwendung? ThL: Nein, das passiert nicht. Wenn ich, wie das in der Resonanzlehre der Fall ist, lerne mich entspannt bzw. dreidimensional ausbalanciert zu bewegen, und das sowohl in der musikalischen Situation als auch in meinem Bewegungsalltag, ist eine zusätzliche Entspannungstechnik nicht mehr notwendig. Klar ist allerdings auch, dass durch die andere Art der Bewegung, die sich dann ergibt, sich in der Rückkopplung auch mentale Prozesse und die Konzentrationsfähigkeit verändern. Hierbei können sich eventuell Ähnlichkeiten in der Art der Aufmerksamkeit mit dem Autogenen Training ergeben. cl.p: Abschließende Frage: Wo soll es mit der Resonanzlehre hingehen, bzw. was sind Ihre weiteren Projekte, die Sie bis jetzt noch nicht realisiert haben? ThL: Hier sind vor allem zwei Dinge zu nennen, zum einen möchte ich das Buch zur Resonanzlehre fertig stellen, welches seit einigen Jahren in Arbeit ist. Zum anderen soll in den nächsten Jahren ein Ausbildungsgang Resonanzlehre entstehen. cl.p: Vielen Dank für das Gespräch. ThL: Vielen Dank meinerseits, es waren sehr interessante Fragen dabei |
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